elegant cosplay fabrics

Wie du den perfekten Stoff für dein Cosplay findest

Wenn du einen Charakter durch Cosplay zum Leben erweckst, dann übersetzt du ein fantastisches Design in die Realität. Das heißt, du musst kreative Entscheidungen treffen: Geht dieser Violett-Ton mehr ins Blau oder mehr ins Rosa? Ist mein Chara der Typ für Flanell oder eher für Leder? Wo verstecke ich den Reißverschluss und wie zum Henker soll ich mich in dem Kostüm bewegen?!?

Ich liebe den Design-Prozess beim Cosplay, und ich bin ein begeisterter Stoff-Nerd. Hier habe ich eine Liste mit Fragen, die mir dabei helfen, mich für das perfekte Material für mein Cosplay zu entscheiden.

Welches Material passt zum Charakter?

Bevor du dich in den Kostümbau stürzt, recherchiere erstmal zu dem Charakter, den du cosplayen willst. Wenn du eh schon sein Fan bist, dann überleg dir: Wie würdest du den Chara jemandem beschreiben, der ihn zum ersten Mal sieht? Ist er ein Raubein, ist es ein quirliges Schulmädchen oder ein eleganter Gentleman? Deine Stoffwahl sollte das widerspiegeln.

Ein Prinz oder eine Prinzessin sollte in edle Stoffe gekleidet sein, die nicht zu schlicht wirken. Echte Seide oder Seidenimitat, Samt, Brokat oder schwerer Satin (z.B. Duchesse oder Brautsatin) wären eine gute Wahl. Vorsicht vor billigen, aufdringlich glänzenden Stoffen wie Pannesamt oder Satin in Faschingsqualität.

cosplay fabrics: princess
Elegante Stoffe, die Prinz und Prinzessin gut stehen: leichter und schwerer Satin (1, 2), Baumwollsamt (3), schwerer Seidensatin (4), Seidentaft (Dupion / Shantung)

Ein Fantasy-Krieger braucht robuste Materialien wie Leder (ersatzweise Kunstleder), Wolle, Leinen und grob gewebte Baumwolle. Mach einen Bogen um glänzende oder zarte Stoffe sowie alles, was zu modern wirkt. Superhelden und sportliche Charaktere hingegen lieben stretchigen Lycra / Spandex, egal ob matt oder glänzend!

cosplay fabrics: warrior
Robuste Stoffe, wie gemacht für Krieger: Kunstleder (1), Echtleder (2), Wolle (3), Leinen (4)

Gibt mir die Vorlage einen Hinweis?

In Zeiten von HD-Spielen, -Fernsehen und -Filmen enthält jeder Screenshot eine Menge Informationen. Oftmals weist das Material eine gut erkennbare Textur auf, die keinen Zweifel daran lässt, dass es sich hierbei um geprägtes Leder handelt, um grob gewebtes Leinen oder ausgewaschene Jeans. Wenn du eine Textur erkennst, dir aber unsicher bist, wie man diesen Stoff nennt, dann frag die Leute in einer Cosplay-Hilfe-Gruppe oder in einem Nähforum. Wenn du die Chance hast, die Kostüme live und aus nächster Nähe in einer Filmausstellung zu sehen, dann ist das unbedingt eine Reise wert!

gilderoy lockhart movie costume
Gilderoy Lockharts Fecht-Uniform in der Harry Potter Wanderausstellung

Die meisten Designs im Anime- und Comic-Stil sind stark stilisiert und zeigen kaum Texturen, nur platte Farben. Trotzdem kann dir die Animation einen Hinweis geben, dadurch wie der Stoff fällt oder sich an den Körper anschmiegt. Du findest auch Hinweise auf Titelbildern und Konzeptskizzen, die oft detaillierter sind. Eine Stoffart daran zu erkennen, wie der Stoff sich verhält, ist Erfahrungssache. Wenn du noch nicht mit vielen Stoffen gearbeitet hast, helfen nur regelmäßige Ausflüge in den Stoffladen! Fass so viele verschiedene Stoffe an wie möglich, merk dir die Namen und wofür man sie typischerweise benutzt.

Wenn dein Charakter eine historische Figur ist oder sein Design auf einem historischen Kostüm beruht, dann ist die Stoffauswahl beschränkt durch die Materialien und Methoden, die man zu der Zeit hatte. Ich finde zwar nicht, dass alles vollkommen „authentisch“ sein muss, wenn es nicht gerade ein Reenactment-Kostüm ist. Dennoch lasse ich mich für meine Cosplays von historischen Vorlagen inspirieren. Es hilft mir, die Idee hinter dem Design besser zu verstehen, wie das Kleidungsstück aufgebaut ist und wie ich es hinbekomme, dass es realistisch wirkt. Das Gleiche gilt für Designs, die auf ethnischen Trachten beruhen, wie ein japanischer Kimono. Mach dich schlau über die authentischen Stoffe, Webarten und Konstruktionsmethoden, bevor du etwas kaufst, was rein der Fantasie entspringt.

yukari (paradise kiss)
Yukari arbeitet in der Modebranche, deshalb sollte sie auch so aussehen! (Foto: bild_er_leben)

Yukaris (Paradise Kiss) Outfit, das sie bei einer Modenschau modelt, erinnerte mich an die barocken Punk-Kreationen einer Vivienne Westwood oder eines Alexander McQueen. Deshalb habe ich Wert auf hochwertige Mode-Stoffe gelegt. Vintage-Seide und ein Karo-Wollstoff mit Metallicfäden geben ihrem Outfit genau den smarten Glamour-Effekt, den ich mir für die Bühne vorgestellt hatte.

Welcher Stoff passt zum Schnitt?

Wenn du noch keine geübte Näherin bist, benutz lieber keine rutschigen Materialien wie Samt oder sehr steife Stoffe wie Kunstleder, um daraus ein figurbetontes Oberteil, einen Anzug oder ähnlich Schwieriges zu nähen. Das kann sehr frustrierend sein!

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Nessel (ungebleichte, rohe Baumwoll-Leinwand) ist ein preiswerter Stoff für Probemodelle
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Korsett-Probemodell und Papierschnitt für Violet Evergarden

Für komplexe Schnitte nähst du ein Probemodell (Nesselprobe) aus einfachem Baumwollstoff, um das Schnittmuster zu testen. Für das eigentliche Kleidungsstück nimmst du am besten einen Stoff, der leicht zuzuschneiden und zu nähen ist und der sich nicht verzieht.

Für figurbetonte Kostüme eignen sich am besten leichte oder mittelschwere Stoffe, die nicht allzu dick oder steif sind. Stretchstoffe machen das Ganze noch bequemer und passen sich schön der Figur an – nur für Korsetts sind sie nicht zu gebrauchen. Schnürkorsetts sollten sich nicht dehnen, damit sie ihre Funktion erfüllen können: nämlich den Körper in Form zu bringen.

T-Shirts, Leggings und Superhelden-Suits brauchen einen stark elastischen Stoff wie Lycra / Spandex oder Jersey. Er sollte bielastisch (also quer- und längselastisch) sein.

Mach einen Bodysuit nicht aus einem steifen oder nur in eine Richtung dehnbaren Stoff, wenn du dich darin noch hinsetzen und bücken willst!

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Warrior Yuna (Final Fantasy X-2) mit Mirromaru als Rikku, Foto: DeeVee auf der GamesConvention 2007

2006/07 haben wir steifes Polster-Kunstleder für unsere FF X-2 Warriors benutzt, weil es damals einfach kein anderes Leder in den passenden Farben gab. Diese Pose ist schon das Maximum, wie weit wir uns vorbeugen konnten – keine Chance, sich in diesen Kostümen mal hinzusetzen und auszuruhen!

Für leichte, flatternde Schleppen brauchst du einen Stoff, der wenig wiegt und weich fällt, wie Chiffon oder Organza. Wenn du dünne oder weiße Stoffe an anderen Stellen des Kostüms verwendest, musst du sie vielleicht mit einer Einlage oder einer zweiten Lage Stoff verstärken, außer du möchtest, dass sie durchsichtig sind.

Eine Empfehlung für den passenden Stoff findest du bei gekauften Schnittmustern auf der Rückseite der Packung!

Ich habe eine Liste mit Stoffen und Schnittmustern zusammengestellt, die nach Schwierigkeit geordnet sind. So findest du leicht heraus, welche Designs und Materialien sich gut für Anfänger eignen.

Ist der Stoff bequem zu tragen?

pleather jacket with lining
Meine Jacke für Mai Valentine ist aus Kunstleder genäht, und mit einem weicheren Stoff gefüttert, der bequem zu tragen ist und Schweiß aufnehmen kann.

Vielleicht werde ich einfach zu alt für den Sch***, aber ich kann nicht mehr in schwitzigem Kunstleder und Polyester herumlaufen! Wenn ich ein Kostüm den ganzen Tag auf einer Con tragen will, dann trage ich lieber Naturfasern (wie Baumwolle oder Seide) auf der Haut. Funktionsfasern (für Sportbekleidung und Wäsche) wie Lycra/Spandex sind auch sehr bequem zu tragen. Wenn ich ein Kostüm unbedingt aus einem steifen Material wie Kunstleder oder Plastik machen will, dann kann ich zumindest für das Futter oder den Unteranzug einen weicheren Stoff benutzen.

Achte darauf, dass dein Kostüm an die Temperaturen angepasst ist. Schwere Stoffe, Fell oder nicht atmungsaktive Kunstfasern können auf einer Sommer-Con schnell zu Überhitzung und Kreislaufproblemen führen! Am besten suchst du dir dafür ein luftigeres Kostüm oder ziehst Stoffschichten aus, bevor du nach draußen gehst.

Ist der Stoff pflegeleicht?

Ich behandle meine Kostüme gern wie echte Kleidungsstücke, die man wieder und wieder tragen kann. Hochwertige Materialien und gute Verarbeitung sind mir wichtig, und ich möchte die Kostüme vor der nächsten Con waschen können, damit sie wieder wie neu aussehen (und nicht riechen wie drei Tage Eau de Con!)

Achte beim Stoffkauf auf die Pflegehinweise auf dem Etikett oder in der Artikelbeschreibung, um herauszufinden, ob der Stoff waschbar ist.

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Stoffmuster für Steph (No Game No Life), die ich vorgewaschen habe, um zu testen, wie die Seide sich verhält

Wasch alle Stoffe vor und bügle sie, bevor du sie zuschneidest und vernähst. Die Wäsche lässt den Stoff einlaufen (Naturfasern wie Baumwolle schrumpfen beim ersten Waschen um bis zu 10%!), du wirst die Chemikalien im Stoff los und kräftige Farben bluten später nicht mehr so stark aus.

Profi-Tipp: Fast alle Stoffe sind waschbar, wenn du es per Hand (im Waschbecken oder der Badewanne) machst, mit lauwarmem Wasser und einem milden Waschmittel, und ohne Schleudern oder Trockner. Wenn du unsicher bist, mach einen Waschtest mit einem Stoffquadrat und vergleiche das Ergebnis mit dem ungewaschenen Stoff (ich wasche teure Seiden immer vor). Wenn dir der Look des gewaschenen Stoffs nicht gefällt, wirst du das Kostüm später in die chemische Reinigung geben müssen.

Pflegeleichte, langlebige Stoffe sind die meisten Baumwollstoffe und Baumwollmischgewebe, Stretchstoffe (besonders Lycra / Spandex) und Polyester-Universalstoff. Hochwertige Stoffe für Bekleidung und Sport halten dabei deutlich länger als billige Dekostoffe.

Gibt es den Stoff in der richtigen Farbe?

Wie du siehst, hab ich mir diesen Punkt bis zum Schluss aufgehoben. Dabei ist das oft die erste Frage, die Cosplayer sich stellen: Wo finde ich bloß einen Stoff in dieser komischen, undefinierbaren Farbe?! Mein Tipp: Behalte die Stoffart und die Qualität genauso im Blick wie die Farbe.

Es nützt dir nichts, wenn der Stoff zwar die perfekte Farbe hat, er sich aber schlecht verarbeiten lässt oder für dein Kostüm ungeeignet ist.

Für viele Figuren im Anime- und Comic-Stil sind unifarbene Baumwoll- und Synthetik-Stoffe eine gute Wahl. Es gibt sie rund ums Jahr in großer Farbauswahl und sie sind leicht zu verarbeiten. Satin, Taft und Jersey gibt es auch in vielen Farben. Das Gleiche gilt für Lycra / Spandex, Lackleder und Polster-Kunstleder, wenn du dich im Fachhandel für Tanzsport bzw. Heimtextilien umsiehst.

Lycra / Spandex gibt es in großer Farbauswahl, wenn man weiß, wo man suchen muss. Diese wunderschönen Farbkarten und Stoffmuster habe ich von Tanzsportbedarf Giffels (Deutschland) und Spandex World (USA).

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Lycra-Farbkarten und Stoffmuster

Naturfasern – Baumwolle, Leinen, Wolle, Seide sowie Viscose – kannst du bemalen und mit handelsüblichen Farben wie Simplicol oder Marabu einfärben. Es gibt auch Polyester-Färbemittel, die auf vielen Kunstfasern wirken (iDye Poly, RIT Dye), diese brauchen aber mehr Hitze und du solltest sie erstmal an einem Stoffmuster testen. Stoffe Färben ist ein bisschen Sauerei und es braucht manchmal mehrere Versuche, aber ich habe schon tolle Farben hinbekommen, die ich nirgendwo anders gefunden habe.

Willst du mehr Cosplay-Tipps für Anfänger? Ich habe diese Checkliste zusammengestellt, die dir hilft, ein Kostüm für dich zu finden – passend zu deinem Budget und deinen Skills!

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